Fokus: Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)

ein Mensch hält ein Handy, eine App mit Diabetiker-Tagebuch ist geöffnet

Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) vom 09. Dezember 2019 hat der Gesetzgeber einen neuen Leistungsanspruch auf die Versorgung unter Verwendung von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) geschaffen. Dem GKV-Spitzenverband wurden damit neue Aufgaben übertragen, so z. B. mit den DiGA-Herstellern mit Wirkung für alle Krankenkassen Vergütungsbeträge für DiGAs nach § 134 Abs. 1 SGB V zu vereinbaren. Am 25. September 2020 wurde die erste DiGA in das Verzeichnis des Bundesinstituts für Medizinprodukte und Arzneimittel (BfArM) aufgenommen. Im Juni 2021 sind die ersten Verhandlungen über die Vergütung einzelner DiGA gestartet. Die Rahmenvereinbarung über die Maßstäbe für die Vereinbarungen der Vergütungsbeträge nach § 134 Abs. 4 SGB V wurde durch die Schiedsstelle am 16. Dezember 2021 final festgesetzt.

Bei den Digitalen Gesundheitsanwendungen handelt es sich um Medizinprodukte einer niedrigen Risikoklasse (Risikoklasse I oder IIa), die auf digitalen Technologien beruhen. Sie unterstützen die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen. Die Nutzung der digitalen Gesundheitsanwendungen erfolgt durch Patienten und Patientinnen oder durch die gemeinsame Nutzung von Leistungserbringenden und Patienten und Patientinnen. Die Kosten für digitale Gesundheitsanwendungen werden von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) getragen. Gesetzlich Versicherte bekommen die entsprechende Anwendung entweder vom Arzt verordnet oder direkt von der Krankenkasse freigeschaltet.

„DiGA haben das Potenzial zur Verbesserung der medizinischen Versorgung und zur stärkeren Vernetzung der verschiedenen Versorgungsangebote."

Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin beim GKV-Spitzenverband

Im DiGA-Bericht zum Zeitraum 1.9.2020 bis 30.9.2023 zieht der GKV-Spitzenverband eine erste Bilanz zur Inanspruchnahme und Entwicklung der Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen und fordert Anpassungen bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin beim GKV-Spitzenverband weist darauf hin, dass DiGA im Verhältnis zu anderen Leistungsbereichen gleichbehandelt werden sollten:

„DiGA haben das Potenzial zur Verbesserung der medizinischen Versorgung und zur stärkeren Vernetzung der verschiedenen Versorgungsangebote. Gleichzeitig besteht in der aktuellen Ausgestaltung des Fast-Track-Bewertungsverfahrens durch das BfArM ein erhebliches Ungleichgewicht gegenüber anderen Leistungsbereichen in der GKV. Dies zeigt sich einerseits hinsichtlich der vergleichsweise niedrigen Zugangsvoraussetzungen für DiGA beim Nachweis ihres Nutzens für die Patientinnen und Patienten und andererseits bei der Wirtschaftlichkeit.“

Seit vielen Jahren können gesetzlich Versicherte auf Grundlage von speziellen Versorgungsverträgen einzelner Krankenkassen medizinische Apps nutzen. Mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz und dem DiGA-Fast-Track wurden die digitalen Anwendungen nun allen gesetzlich Versicherten zugänglich gemacht. Allerdings legen die gesetzlichen Bedingungen, unter denen die DiGA in den gesetzlichen Leistungskatalog integriert sind, zu wenig Wert auf den Patientinnen- und Patientennutzen und sie führen zu überhöhten Preisen.

"Digitale Gesundheitsanwendungen brauchen ein gesetzliches Update.“

Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin beim GKV-Spitzenverband

Eine gesetzliche Nachbesserung sollte nach Ansicht des GKV-Spitzenverbandes insbesondere in Bezug auf den Nachweis des medizinischen Nutzens erfolgen.

„Die Krankenkassen müssen ihren Versicherten DiGA anbieten, bei denen der medizinische Nutzen fraglich ist, da noch nicht nachgewiesen wurde, ob und in welchem Umfang sie den Anwendenden z.B. bei Diabetes oder Rückenproblemen auch tatsächlich helfen. Gleichzeitig können die Herstellenden der Anwendungen grundsätzlich ein Jahr, auch bei zur Erprobung aufgenommenen DiGA mit einem unklaren Nutzen, Preise in beliebiger Höhe verlangen, die von der GKV finanziert werden müssen, wobei ab dem 01.10.2022 die Regelungen zu den Höchstbeträgen greifen (Höchstbeträge und Schwellenwerte - GKV-Spitzenverband). Die Folge ist ein aktueller Durchschnittspreis der Hersteller bei Aufnahme einer DiGA von über 593 Euro (Stand: 30.09.2023). Diese Bereiche muss der Gesetzgeber neu justieren. Digitale Gesundheitsanwendungen brauchen ein gesetzliches Update“, so Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin beim GKV-Spitzenverband.

Damit DiGA die Versorgung der Patientinnen und Patienten maßgeblich verbessern, braucht es drei zentrale Anpassungen bei den Rahmenbedingungen:

  1. Für einen klaren Patientennutzen muss eine hohe Qualität des Angebots gewährleistet sein. Es dürfen ausschließlich DiGA mit nachgewiesenem medizinischen Nutzen und echten Mehrwerten aufgenommen werden. Zulassungsregeln und Rahmenbedingungen müssen mit anderen Leistungsbereichen harmonisiert werden.
  2. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit muss gewahrt werden. Mit dem ersten Tag der Aufnahme in die Versorgung müssen angemessene, am Patientennutzen orientierte Preise gelten. Mit Beitragsgeldern darf keine Wirtschaftsförderung betrieben werden.
  3. DiGA müssen in die Versorgungspfade integriert werden. Dafür muss das Digitalisierungspotenzial bei der Behandlung und der Vernetzung über Leistungssektoren hinweg genutzt werden.

"Wir wollen therapeutischen Nutzen bezahlen und keine Downloads.“

Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin beim GKV-Spitzenverband

Wenn es um den Nachweis der tatsächlichen Nutzung der DiGA durch den Versicherten geht, sieht der GKV-Spitzenverband noch Nachholbedarf.

„Als Voraussetzung für die Aufnahme in den GKV-Leistungskatalog sollte auch die Nutzung durch die Versicherten hieb- und stichfest nachgewiesen sein. DiGA bieten die große Chance, das tatsächliche Ausmaß, in welchem die Patientin oder der Patient die medizinischen Anweisungen befolgt, zu messen. Daher sollten die Informationen über die tatsächliche Nutzung der DiGA von den Herstellenden transparent gemacht und bei der Vergütung berücksichtigt werden. Auch eine ärztliche Leistung wird schließlich nur dann erstattet, wenn sie tatsächlich vom Versicherten in Anspruch genommen wurde und nicht bereits, wenn der Termin gemacht wurde. Wir wollen therapeutischen Nutzen bezahlen und keine Downloads“, so Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin beim GKV-Spitzenverband.

Anfang 2024 sind von den 52 im BfArM-Verzeichnis gelisteten DiGA 23 lediglich zur Erprobung aufgenommen und haben somit noch keinerlei Nachweis der Wirksamkeit erbracht. Sie bleiben damit den Beweis für einen positiven Versorgungseffekt für die Versicherten schuldig. Die aktuellen Rahmenbedingungen und der Bewertungsprozess für DiGA benötigen daher ein Update.

Fragen und Antworten

Das Bundesinstitut für Medizinprodukte und Arzneimittel (BfArM) entscheidet über die Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen des DiGA-Herstellers.

Es werden in dem Verfahrens die Herstellerangaben zu den geforderten Produkteigenschaften – vom Datenschutz bis zur Benutzerfreundlichkeit – sowie die durch den Hersteller beizubringenden Nachweise für die mit der DiGA realisierbaren positiven Versorgungseffekte geprüft. Das sind Effekte, durch die sich der gesundheitliche Zustand einer Patientin bzw. eines Patienten oder die Möglichkeiten zum Umgang mit ihrer bzw. seiner Erkrankung durch die Benutzung der DiGA verbessern.

Ist es dem Hersteller zum Zeitpunkt des Antrags noch nicht möglich gewesen, positive Versorgungseffekte nachzuweisen, kann er beantragen, dass die DiGA für bis zu 12 Monate in das Verzeichnis zur Erprobung aufgenommen wird.

Sind nach Ablauf der Frist positive Versorgungseffekte nicht hinreichend belegt, aber es besteht aufgrund der vorgelegten Erprobungsergebnisse eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer späteren Nachweisführung, kann das BfArM den Zeitraum der vorläufigen Aufnahme in das Verzeichnis zur Erprobung um bis zu 12 Monate verlängern.

Im DiGA-Verzeichnis finden Nutzer und Nutzerinnen, Ärzte und Ärztinnen sowie Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen wesentliche Informationen zu den digitalen Gesundheitsanwendungen. In diesem Verzeichnis sind nur DiGAs aufgelistet, die das Fast-Track-Verfahren durchlaufen haben und alle Anforderungen erfüllen. Mit dem Verzeichnis soll Transparenz geschaffen werden, damit gut informierte Entscheidungen getroffen werden können und eine vertrauensvolle Nutzung möglich ist.

Der GKV-Spitzenverband vereinbart mit den Herstellern digitaler Gesundheitsanwendungen mit Wirkung für alle Krankenkassen Vergütungsbeträge für DiGA gemäß §134 Abs. 1 SGB V. Ausgenommen hiervon sind digitale Gesundheitsanwendungen, die nach § 3j Absatz 1 Buchstabe a) und Buchstabe b) gemäß der Rahmenvereinbarung nach § 134 Abs. 4 und 5 SGB V den Schwellenwert unterschreiten.

Bis zur Festlegung der Vergütungsbeträge kann der Hersteller den Preis frei bestimmen, es gelten die von den Herstellenden einseitig festgelegten Preise (§134 Abs. 5 Satz 1). Dieser Preis hat ein Jahr Gültigkeit. Die festgelegten Vergütungsbeträge zwischen GKV-Spitzenverband und den Herstellern gelten nach dem ersten Jahr nach Aufnahme der jeweiligen DiGA in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach §139e i.V.m. §134 Abs.1 Satz 2 SGB V.

Nach der Rahmenvereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und den maßgeblichen Verbänden der Hersteller von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 134 Abs. 4 und 5 SGB V werden ab dem 01.10.2022 Höchstbetragsregelungen für Gruppen vergleichbarer digitaler Gesundheitsanwendungen in Kraft treten, welche die Höhe der Vergütung durch die Gesetzliche Krankenversicherung innerhalb des ersten Jahres begrenzen.Die von der Schiedsstelle festgesetzten Regelungen zu den Höchstbeträgen regulieren das sehr hohe Preisniveau jedoch nicht und eröffnen den Herstellern weiterhin große Spielräume für hohe und frei wählbare Preise.

Derzeit sind 52 DiGAs gelistet, davon 29 dauerhaft und 23 zur Erprobung. Sechs DiGA wurden wieder aus dem Verzeichnis gestrichen. Bislang wurden insgesamt 198 Anträge (155 Anträge zur vorläufigen Aufnahme zur Erprobung und 43 Anträge zur dauerhaften Aufnahme) gestellt. Die derzeit gelisteten DiGAs sowie die Anzahl der eingereichten Anträge sind auf der Seite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte abrufbar.

Der Behandler/die Behandlerin verordnet dem Patienten/der Patientin eine DiGA. Alternativ kann auch die Anfrage des Versicherten die Verordnung des Behandlers (Bewilligungsprozess) ersetzen. Anschließend erfolgt ein Upload der Verordnung in die Kassen-App und die Übertragung an die Krankenkasse. Alternativ kann die Verordnung auch per Post eingereicht oder im Service-Center der Krankenkassen abgegeben werden. Im Einzelfall ist ein Anruf bei der Krankenkasse mit nachgelagerter Verordnungs-Übermittlung möglich. Im dritten Schritt bestätigt die Kasse den Versichertenstatus und den Leistungsanspruch und generiert daraufhin einen Freischaltcode (Rezept-Code). Dem Patienten/der Patientin wird daraufhin der Freischaltcode bereitgestellt, mit dem er in seinem App Store/beim Hersteller die DiGA herunterladen kann. Wird der Code nicht eingelöst, erhält der Patient/die Patientin einen Reminder. Nachdem die App bzw. der DiGA-Anbieter den Freischaltcode erhalten hat, prüft dieser die Gültigkeit bei der Kasse. Wenn ja, wird die App endgültig freigeschaltet und die Abrechnung erfolgt direkt zwischen Kasse und DiGA-Anbieter. Ebenfalls digital wird die Verordnungsdauer übermittelt (siehe Abbildung).

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