Mit der Novellierung des Infektionsschutzgesetzes im Jahr 2011 wurden die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) sowie der Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (ART) beim Robert Koch-Institut (RKI) für Krankenhäuser und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens verbindlich. Die Krankenhäuser sind verpflichtet, die Voraussetzungen gemäß KRINKO-Empfehlung zu personellen und organisatorischen Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen bis spätestens zum 31.12.2019 zu schaffen.
Mit Inkrafttreten des Beitragsschuldengesetzes wurde ein Sonderprogramm zur Förderung der Krankenhaushygiene mit ca. 365 Millionen Euro aufgestellt. Durch das Hygienesonderprogramm sollen den Krankenhäusern zur Erreichung der personellen und organisatorischen Voraussetzungen im Sinne der KRINKO-Empfehlung zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) wurde die Laufzeit des Programmes verlängert und zusätzliche Berufsgruppen aus dem Bereich der Infektiologie in den Förderumfang mit aufgenommen. Die geschätzten finanziellen Wirkungen dieses zweiten Förderpakets liegen bis zum Jahr 2020 bei ca. 102 Millionen Euro. Eine weitere Verlängerung bis zum Jahr 2022, für einige Förderbestandteile maximal bis zum Jahr 2026, erfolgte mit dem MDK-Reformgesetz. Zusätzlich wurde ein Förderschwerpunkt im Bereich der rationalen Antibiotikatherapie ergänzt. Im Bereich der neu geschaffenen, aufgestockten oder intern besetzten Hygienepersonalstellen geht im Jahr 2023 die krankenhausbezogene Zuschlagsfinanzierung durch Einrechnung in die Landesbasisfallwerte in eine dauerhafte Zusatzfinanzierung bei allen Krankenhäusern über.
- Der GKV-Spitzenverband ist verpflichtet, dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) jährlich zum 30.06. über die Umsetzung dieses Programms zu berichten. Der achte Bericht basiert auf den von Krankenkassen übermittelten Informationen aus den Budgetverhandlungen der Jahre 2013 bis 2021. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Aussagekraft der Zahlen noch sehr begrenzt ist, da die Budgetverhandlungen für das Jahr 2021 größtenteils und für das Jahr 2020 zu einem großen Teil aus verschiedenen Gründen (unter anderem Konflikte bei der Vereinbarung der Pflegebudgets, Coronapandemie) noch nicht abgeschlossen sind. So lagen zum Zeitpunkt der Datenmeldungen (13.04.2022) für weniger als die Hälfte der Krankenhäuser Budgetabschlüsse für das Jahr 2020 (45 Prozent) und lediglich für 20 Prozent der anspruchsberechtigten Krankenhäuser Budgetabschlüsse für das Jahr 2021 vor. Auf Basis des gegenüber dem Vorjahresbericht aktualisierten Datenbestandes für das Jahr 2020 kann die weitere Entwicklung der Inanspruchnahme im Jahr 2020 über eine Hochrechnung auf die Grundgesamtheit aller anspruchsberechtigten Krankenhäuser realistischer abgebildet werden. Zur Inanspruchnahme im Förderjahr 2021 kann hingegen allenfalls ausschnittsweise ein erster Eindruck auf Basis von Vereinbarungsdaten gegeben werden. Eine Hochrechnung auf alle anspruchsberechtigten Krankenhäuser ist auf Basis des sehr geringfügigen Datenbestandes nicht sinnvoll möglich.
- Der vorliegende Bericht zeigt über die einzelnen Förderjahre hinweg nach einem zügigen Programmeinstieg bis zum Jahr 2019 eine stetig steigende Inanspruchnahme von Fördermitteln aus dem Hygienesonderprogramm. Die weitere Entwicklung der Inanspruchnahme in den Jahren 2020 und 2021 kann anhand der bisherigen Datenmeldungen noch nicht beurteilt werden. Bisher weisen die Datenmeldungen für 2020 und 2021 deutliche Rückgänge der Inanspruchnahme nach. Insgesamt wurden im Jahr 2020 bislang rund 60 Millionen Euro und im Jahr 2021 rund 25 Millionen Euro für die Finanzierung unterschiedlicher hygienerelevanter personeller Maßnahmen an die Krankenhäuser ausbezahlt. Nach aktuellem Datenmeldestand haben im Budgetjahr 2020 459 Krankenhäuser und im Budgetjahr 2021 238 Krankenhäuser eine Vereinbarung im Sinne des Förderprogramms geschlossen. Die Hochrechnung auf alle anspruchsberechtigten Krankenhäuser legt nahe, dass die tatsächliche Inanspruchnahme im Jahr 2020 bei etwa 134 Millionen Euro liegen dürfte. Damit ist auch für das Jahr 2020 mit dem Vorliegen fortschreitender Budgetvereinbarungen mit einer weiter steigenden Inanspruchnahme des Hygieneförderprogramms zu rechnen.
- Insgesamt 1.403 Krankenhäuser haben im Zeitraum von 2013 bis 2021 etwa rund 672 Millionen Euro zur Verbesserung der personellen Ausstattung mit Hygienepersonal erhalten. Damit haben ca. 98 Prozent der anspruchsberechtigten Krankenhäuser zusätzliche Mittel bekommen.
- Der Schwerpunkt der Inanspruchnahme liegt mit ca. 502 Millionen Euro auf der Neueinstellung von Hygienepersonal, der internen Besetzung neu geschaffener Stellen sowie der Aufstockung vorhandener Teilzeitstellen. Für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen wurden rund 68 Millionen Euro und etwa 38 Millionen Euro für externe Beratungsleistungen vereinbart.
- Weitere ca. 65 Millionen Euro wurden den Krankenhäusern ohne konkrete Differenzierung nach Förderart zur Verfügung gestellt.
- Für die Jahre 2013 bis 2019 liegen aktualisierte, von Jahresabschlussprüfern bestätigte Angaben zur Verwendung der Fördermittel vor, für die Jahre 2020 und 2021 sind diese Angaben bislang nur in sehr geringem Umfang verfügbar. Bislang liegen für etwa 51 Prozent der in den Jahren 2013 bis 2019 vereinbarten Fördergelder Bestätigungen vor (221 Millionen Euro). Außerdem haben die Krankenhäuser die Mehrheit der vereinbarten Stellen auch nachweislich mit Hygienefachpersonal besetzt. Für die umfassende Beurteilung der Auswirkungen des Programms auf den tatsächlichen Personalbestand in den Krankenhäusern bleiben die Meldungen aus den Jahresabschlussprüfungen der Folgejahre abzuwarten. Ein Teil der Istdaten steht derzeit noch aus, so dass eine umfassende Beurteilung in den Folgeberichten möglich sein wird.
Eine verstärkte Inanspruchnahme der speziellen Expertise der im Zuge der Förderung adressierten Fachärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie und der Fachärzte mit einem Schwerpunkt im Bereich der Infektiologie im Coronajahr 2020 lässt sich anhand der bisherigen Datenmeldungen nicht nachweisen. Einzig die Vereinbarungssumme für Beratungsleistungen durch Fachärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie hat sich gegenüber 2019 etwas mehr als verdoppelt. Allerdings lässt sich bisher keine tatsächliche Umsetzung der verstärkt vereinbarten Beratungsleistungen nachweisen. Insgesamt ist die durch Jahresabschlussprüfer bestätigte Umsetzung in allen Bereichen rückläufig. Die Entwicklung der Inanspruchnahme in den Coronajahren 2020 und 2021 ist in den Folgeberichten abschließend zu bewerten.