Förderung des Personalaufbaus in der Pflege

Der Aufbau von Pflegepersonalstellen in Krankenhäusern wird über Förderprogramme von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert:

  1. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) wurde ein zweites Pflegestellen-Förderprogramm eingerichtet. Im Förderzeitraum zwischen 2016 bis 2019 stellte die GKV rund 1,1 Milliarden Euro für den Aufbau von Pflegepersonalstellen und damit die Stärkung der unmittelbaren Patientenversorgung in Krankenhäusern zur Verfügung. Der GKV-Spitzenverband war gesetzlich beauftragt, jährlich bis zum 30.06. dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) über die Umsetzung der beiden Förderprogramme im Förderzeitraum zu berichten. Der letzte Bericht des Spitzenverbandes wurde dem BMG am 31.08.2021 übermittelt.
  2. Mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) wurde ein neuer Absatz 8a in § 4 Krankenhausentgeltgesetz eingefügt, mit dem ein Programm zur Förderung von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf in Krankenhäusern eingerichtet wurde. Im Zeitraum 2019 bis 2024 können Kliniken bis zu 0,1 Prozent (2019) bzw. 0,12 Prozent (ab 2020) des Krankenhausbudgets zusätzlich erhalten, um damit Maßnahmen einzurichten die geeignet sind, die Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf zu unterstützen. Übergeordnetes Ziel des Programmes ist es, über attraktive Arbeitsbedingungen den Personalaufbau von examinierten Pflegekräften sowie von Hebammen/Entbindungspflegern zu unterstützen. Auch hier gilt, dass der GKV-Spitzenverband dem BMG jährlich bis zum 30.06. über die Umsetzung des Förderprogrammes berichtet. Der abschließende Bericht für den gesamten Förderzeitraum von 2019 bis 2024 wurde dem BMG letztmalig am 30.06.2025 übermittelt.

Förderjahre 2009 bis 2011

Das erste Pflegesonderprogramm in den Jahren 2009 bis 2011 beinhaltete eine Förderung der Kosten von Neueinstellungen und Stellenaufstockungen in der Krankenhauspflege von bis zu 90 Prozent durch die gesetzlichen Krankenkassen. Die Krankenhäuser konnten pro Förderjahr bis zu 0,48 Prozent des Krankenhausbudgets zusätzlich erlösen.

Der GKV-Spitzenverband stellt in seinem abschließenden, vierten Bericht zum 30.06.2013 fest:

  • 1.125 Krankenhäuser haben in mindestens einem Jahr am Pflegesonderprogramm teilgenommen.
  • Für ca. 15.300 zusätzliche Vollkräfte im Pflegedienst sind insgesamt ca. 1,1 Milliarden Euro an die Krankenhäuser geflossen.
  • Bestätigungen von Jahresabschlussprüfern legten etwa 70 Prozent der teilnehmenden Krankenhäuser vor und belegten damit die zusätzliche Beschäftigung von 13.600 Pflegekräften im Programmzeitraum.
  • Anlass zur Kritik gab die häufig nicht gesetzeskonforme Nachweisführung der Krankenhäuser.
  • Der Übergang von der pauschalen Finanzierung über das Pflegesonderprogramm zu einer leistungsgerechten Finanzierung im DRG-System erfolgte im Jahr 2012. Die dauerhafte Zusatzfinanzierung erfolgt seitdem über Fallpauschalen sowie durch Zusatzentgelte für hochaufwendige Pflege.
  • Die programmspezifischen Ergebnisse wurden mit den Daten des Statistischen Bundesamtes abgeglichen. Demgemäß wurden Pflegepersonalaufstockungen in Krankenhäusern mit Programmteilnahme teilweise durch Personalreduzierungen in anderen Krankenhäusern kompensiert, sodass sich der Zuwachs an Pflegekräften in den deutschen Allgemeinkrankenhäusern lediglich auf ca. 9.200 Vollkräfte beläuft.

Im Fazit zum ersten Pflegesonderprogramm kritisierte der GKV-Spitzenverband nicht nur die Systemwidrigkeit solcher Zusatzprogramme, sondern auch den Mangel an Nachhaltigkeit. Denn die Krankenkassen können weder feststellen, ob das zusätzliche Pflegepersonal nach Programmende weiterhin beschäftigt wird, noch ist erkennbar, ob und inwiefern sich die Pflegequalität durch den zusätzlichen Mitteleinsatz verbessert hat.

Förderjahre 2016 bis 2019

Zum 31.08.2021 hat der GKV-Spitzenverband dem BMG den fünften Bericht zur Inanspruchnahme des Pflegestellen-Förderprogramms in den Förderjahren 2016 bis 2019 vorgelegt. Bei der Bewertung ist die Vorläufigkeit der berichteten Daten zu beachten, da die Budgetverhandlungen für das Jahr 2020 zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen aus verschiedenen Gründen (u. a. Konflikte bei der Vereinbarung der Pflegebudgets, Coronapandemie) größtenteils noch nicht abgeschlossen sind. So lagen zum Zeitpunkt der Datenmeldungen (12.05.2021) für lediglich 20 Prozent der Kliniken Budgetabschlüsse für das Jahr 2020 vor. Da Testate der Wirtschaftsprüfer erst in den Budgetverhandlungen der Folgejahre und in der Regel mit zweijährigem Versatz vorgelegt werden, ist eine Bewertung der Umsetzung der vereinbarten Förderung im Jahr 2019 und teilweise auch der Vorjahre nur eingeschränkt möglich.

Auf Basis des vorliegenden Datenmeldestandes hat die GKV in den Jahren 2016 bis 2019 rund 1,1 Milliarden Euro für den Aufbau von Pflegepersonalstellen in Krankenhäusern zur Verfügung gestellt. Allein im vierten Projektjahr 2019 haben rund 890 Krankenhäuser vom Pflegestellen-Förderprogramm profitiert und mit den gesetzlichen Krankenkassen zusätzliche Mittel in Höhe von rund 680 Millionen Euro vereinbart. Für alle vier Förderjahre wurde zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen der Aufbau von etwa 10.100 Pflegepersonalstellen vereinbart.

Inwiefern auch tatsächlich zusätzliche Pflegestellen aus den Vereinbarungen entstanden sind, lässt sich nur zeitversetzt über die Testate der Jahresabschlussprüfer feststellen; bisher sind etwa 3.300 Vollzeitstellen auch nachweislich mit Fachpersonal besetzt worden. Weitere Testate aus den Jahresabschlussprüfungen, insbesondere für das Jahr mit der höchsten Inanspruchnahme 2019, stehen noch aus. Aufgrund der beschriebenen systemimmanenten Unsicherheiten unterliegen die Angaben im Bericht derzeit noch einer gewissen Vorläufigkeit. Zudem lässt sich aus den Nachweisen nicht immer klar abgrenzen, wie viele dieser Stellen tatsächlich über die Förderung geschaffen oder darüber hinaus eingestellt wurden.

Nach Ablauf der Förderung werden ab dem Jahr 2020 alle in den Kliniken anfallenden Pflegepersonalkosten von der GKV über das Pflegebudget refinanziert. Ein Pflegestellen-Förderprogramm wird damit überflüssig.

Die wesentlichen Ergebnisse des Abschlussberichts über die Inanspruchnahme der Förderung geeigneter Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf in den Jahren 2019 bis 2024 lauten:

  • Der Bericht gibt einen Überblick darüber, in welchem Umfang Krankenhäuser Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf umgesetzt haben und welche Arten von Maßnahmen dabei realisiert wurden. Eine Bewertung der Wirksamkeit des Förderprogramms im Hinblick auf das zentrale politische Ziel, zusätzliche Pflegekräfte zu gewinnen, ist im Rahmen dieses Berichts jedoch aus methodischen Gründen nicht möglich.
  • Die Inanspruchnahme des Programms blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Von den ursprünglich veranschlagten rund 420 Mio. Euro Fördervolumen wurden im gesamten Förderzeitraum lediglich 52,9 Mio. Euro tatsächlich vereinbart – das entspricht nur rund 12,6 % der geplanten Mittel. Noch gravierender ist, dass nur etwa 35 % dieser Summe nachweislich zweckentsprechend verwendet wurden. Für rund zwei Drittel der Fördermittel liegt kein geprüfter Verwendungsnachweis vor.
  • Die Beteiligung der Krankenhäuser blieb über den gesamten Förderzeitraum gering: Nur rund 16 b bis 18 % der anspruchsberechtigten Einrichtungen mit Budgetabschluss nutzten das Programm jährlich, mit einem leichten Anstieg auf 26 % im letzten Jahr. Ob dies auf eine verstärkte Nutzung in der Schlussphase hindeutet, bleibt angesichts der lückenhaften Datenlage offen.
  • Inhaltlich konzentrierte sich die Förderung auf Maßnahmen zur Kinderbetreuung sowie auf flexible Arbeitszeitmodelle. So entfielen 32 % der vereinbarten und 28 % der nachweislich umgesetzten Maßnahmen auf Angebote zur Kinderbetreuung. Flexible Arbeitszeitmodelle machten 11 % der vereinbarten und 13 % der tatsächlich realisierten Maßnahmen aus. Trotz dieser Fokussierung bleibt die Wirkung auf die Personalgewinnung unklar – auch, weil die Maßnahmen in ihrer konkreten Ausgestaltung sehr heterogen sind und keine inhaltlichen Mindestanforderungen gesetzlich definiert wurden.
  • Die unzureichende Datenlage, insbesondere für die Jahre 2023 und 2024, sowie die Möglichkeit zur nachträglichen Mittelverlagerung (Übertragsoption) erschweren eine abschließende Bewertung zusätzlich. Für das Förderjahr 2024 fehlen 59 % der Budgetvereinbarungen, für 2023 noch 28 %. Testate der Wirtschaftsprüfer liegen häufig mit erheblichem Zeitverzug von bis zu zwei Jahren vor.
  • Zudem ist die regionale Verteilung unausgewogen und in einigen Bundesländern kann im gesamten Förderzeitraum nahezu keine tatsächliche Umsetzung belegt werden.
  • Die Kombination aus geringer Mittelbindung, fehlender Nachweisführung, unklaren Förderkriterien und methodischen Einschränkungen verhindert eine fundierte Bewertung der Wirksamkeit. Ob die Maßnahmen tatsächlich zur Gewinnung oder Bindung von Pflegepersonal beigetragen haben, lässt sich nicht belegen. Für zukünftige Programme sind klare Zieldefinitionen, verbindliche Berichtspflichten und eine systematische Wirkungsevaluation unerlässlich.