Einführung und Weiterentwicklung des Personalbemessungsverfahrens in der Pflege (Modellprogramm nach § 8 Abs. 3b SGB XI)

Eine junge Pflegerin und ein junger Pfleger im Gespräch

Mit dem Inkrafttreten des Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) im Jahr 2021 wurde das Modellprogramm gemäß § 8 Absatz 3b SGB XI zur wissenschaftlich gestützten Weiterentwicklung der Personalbemessung in der vollstationären Pflege und Weiterentwicklung der ambulanten Pflege beim GKV-Spitzenverband eingerichtet.

Modellprogramm Personalbemessung in der stationären Langzeitpflege

Das laufende Modellprogramm soll die wissenschaftliche Begleitung der Einführung und Weiterentwicklung des von der Universität Bremen vorgelegten Verfahrens zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in vollstationären Pflegeinrichtungen sichern. Gleichzeitig erfolgt die Entwicklung und Erprobung eines Konzepts zum kompetenz- und qualifikationsorientierten Personaleinsatz in der stationären Langzeitpflege. Dabei werden auch notwendige Organisationsentwicklungsprozesse und unterstützende Möglichkeiten der Digitalisierung betrachtet.

Das Modellprogramm ist im Jahr 2022 gestartet. Für die Erprobung des Personalbemessungsverfahrens sind bundesweit zehn vollstationäre Pflegeeinrichtungen ausgewählt worden. Zunächst wurde das Konzept zum kompetenz- und qualifikationsorientierten Personaleinsatz entwickelt. Dieses Konzept wird gegenwärtig in den Modelleinrichtungen erprobt. Zuvor wurden als Grundlage der wissenschaftlichen Evaluation umfassende Daten zur Ausgangslage in den zehn teilnehmenden Einrichtungen erhoben.

Die Umsetzung des Modellprogramms gem. § 8 Abs. 3b SGB XI erfolgt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und wird durch ein Begleitgremium fachlich beraten.

Das im Jahr 2020 vorgelegte Personalbemessungsverfahren ermöglicht es, den Bedarf an Pflegefachpersonen sowie Pflegehilfs- und Pflegeassistenzkräften in vollstationären Pflegeeinrichtungen abhängig von der Verteilung der Pflegegrade der Bewohnerinnen und Bewohner zu berechnen. In den aktuellen gesetzlichen Regelungen zu den Pflegepersonalobergrenzen (gem. § 113c SGB XI) wird diese Herangehensweise bereits in abgeschwächter Form zugrunde gelegt. Der Gesetzgeber will nun mögliche Weiterentwicklungen des Ansatzes prüfen. Vor diesem Hintergrund wurde das Modellprogramm zur wissenschaftlichen Begleitung der Einführung und Weiterentwicklung des neuen Personalbemessungsverfahrens in zwei Teilen konzipiert.

Im ersten Projektteil sind die Entwicklung eines Konzepts für einen kompetenz- und qualifikationsorientierten Personaleinsatz in der stationären Langzeitpflege und begleitende Maßnahmen der Organisations- und Personalentwicklung sowie der Digitalisierung und des Technikeinsatzes Gegenstand. Dieses Konzept wird anschließend in zehn bundesweit verteilten Einrichtungen erprobt. Hierfür erhalten diese Pflegeeinrichtungen eine Personalausstattung, die sich an den im Jahr 2020 erarbeiteten Personalanhaltswerten orientiert. Basierend auf den Erkenntnissen des Modellprogramms wird außerdem eine Strategie entwickelt, um das erprobte Konzept bundesweit zur Verfügung zu stellen.

Im zweiten Projektteil erfolgt begleitend eine umfangreiche Evaluation des im ersten Projektteil entwickelten Konzepts. Dabei stehen die Kriterien Qualität der pflegerischen Versorgung und Zufriedenheit der Mitarbeitenden im Mittelpunkt. Abschließend wird vor dem Hintergrund der Evaluation das Verfahren zur einheitlichen Bemessung des Personalbedarfs in vollstationären Pflegeinrichtungen aus dem Jahr 2020 weiterentwickelt.

Im November 2022 wurden die Zuschläge erteilt. Der erste Projektteil wurde an ein Konsortium aus Universität Bremen, contec - Gesellschaft für Organisationsentwicklung mbH und Hochschule Bremen vergeben. Der zweite Projektteil wurde an eine Bietergemeinschaft, bestehend aus der Universität Bremen und dem aQua - Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH, vergeben. Der Abschlussbericht der beiden Projektteile wird voraussichtlich 2025 vorliegen.

Erste Hinweise aus dem Modellprogramm zur Personal- und Organisationsentwicklung in der stationären Langzeitpflege

Im Rahmen der aktuellen Personalanhaltswerte (vgl. § 113c Absatz 1 SGB XI) kann seit dem 1. Juli 2023 eine höhere Personalausstattung in stationären Pflegeinrichtungen vereinbart werden. Die Qualifikationen und Kompetenzen der zusätzlichen Pflegekräfte sollen bestmöglich zugunsten einer besseren Versorgung der Pflegebedürftigen eingesetzt werden. Daher sieht der Gesetzgeber ergänzende Maßnahmen zur Personal- und Organisationsentwicklung in vollstationären Pflegeinrichtungen vor, um eine kompetenz- und qualifikationsorientierte Aufgabenverteilung in der Organisation sicherzustellen.

Zur Unterstützung von Pflegeinrichtungen, welche nicht am Modellprogramm teilnehmen und bereits erste Schritte in Richtung einer stärkeren kompetenz- und qualifikationsorientierten Aufgabenverteilung gehen wollen, werden erste Hinweise aus dem Modellprogramm angeboten. Diese Handreichung ist als freiwilliges Angebot zu verstehen und kann untenstehend abgerufen werden.

Bei dem Mehrpersonal, welches alle Pflegeeinrichtungen gemäß § 113c Absatz 1 SGB XI vereinbaren können, handelt es sich neben Pflegefachpersonen insbesondere um Pflegehilfs- und Pflegeassistenzkräfte. Dementsprechend wird sich das Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Qualifikationen in den stationären Pflegeinrichtungen zukünftig verändern. Daher ist eine grundsätzliche Weiterentwicklung der bisherigen Rollen- und Aufgabenverteilung in der stationären Langzeitpflege erforderlich. Ziel des Projekts ist, die erforderliche Personalmenge nach Qualifikationen anhand der Bewohnerstruktur zu ermitteln und in Verbindung mit Organisationsentwicklungs- und Personalentwicklungsprozessen eine kompetenz- und qualifikationsorientierte Pflege zu gestalten.

Eine derartige Weiterentwicklung stationärer Pflegeinrichtungen erfordert unter anderem veränderte Abläufe von Pflege- und Kommunikationsprozessen sowie Maßnahmen zur Personal- und Organisationsentwicklung. Zur Unterstützung beim Einstieg in eine veränderte Aufgabenverteilung wurde im Rahmen des Modellprojekts eine Handreichung erarbeitet. Diese „Ersten Hinweise zur Umsetzung einer qualifikations- und kompetenzorientierten Arbeitsorganisation in der vollstationären Langzeitpflege“ wurden unter Beteiligung des Begleitgremiums zum Modellprogramms erarbeitet.

Auf Grundlage der Erkenntnisse aus der Erprobung wird nach Beendigung des Modellprogramms ein überarbeitetes Konzept für alle Pflegeeinrichtungen vorgelegt. Die Umsetzung der „Ersten Hinweise zur Umsetzung einer qualifikations- und kompetenzorientierten Arbeitsorganisation in der vollstationären Langzeitpflege“ steht Pflegeeinrichtungen frei.

Die zusammen mit den „Ersten Hinweisen zur Umsetzung einer qualifikations- und kompetenzorientierten Arbeitsorganisation in der vollstationären Langzeitpflege“ zur Verfügung gestellten Videos geben ergänzende Informationen zum neuen „Qualifikationsmixmodell“: Qualifikationsniveaus in der Pflege, Interventionskatalog, Aufgaben- und Verantwortungsbereiche sowie kompetenz- und qualifikationsorientierte Arbeits- und Versorgungsprozesse. Daneben werden erste pflegefachliche Lernangebote präsentiert, um Kompetenzen für bestimmte Aufgaben aufzufrischen, die möglicherweise selten durchgeführt wurden, obwohl sie zum Aufgabenbereich eines bestimmten Qualifikationsniveaus gehören.

Modellprogramm Weiterentwicklung der ambulanten Pflege

Als Teil des Modellprogramms sind auch Projekte vorgesehen, um für die ambulante Pflege neue Modelle der Arbeitsorganisation für eine wohnortnahe ambulante pflegerische Versorgung mit einem veränderten, kompetenz- und qualifikationsorientierten Personalmix zu entwickeln und einzuführen. Ziel ist die wissenschaftlich gestützte Weiterentwicklung der ambulanten Versorgung. Das Modellprogramm für die Weiterentwicklung der ambulanten Pflege ist auf den Zeitraum bis Ende des Jahres 2026 befristet.

Dokumente und Links