PRESSEMITTEILUNG - BERLIN, 24.04.2019 Gesetzliche Krankenversicherung wehrt sich gegen Generalangriff auf Selbstverwaltung und Sozialpartnerschaft

GKV-Spitzenverband

Der vom Bundesministerium für Gesundheit vorgelegte Referentenentwurf eines Gesetzes für eine faire Kassenwahl in der gesetzlichen Krankenversicherung („Faire-Kassenwahl-Gesetz“) sieht vor, dass die ehrenamtlichen Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber aus dem Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes entfernt werden sollen. Mit diesem Generalangriff auf Selbstverwaltung und Sozialpartnerschaft rüttelt das Bundesgesundheitsministerium an den Grundfesten des Gesundheitswesens.

Auf seiner heutigen Sondersitzung hat sich der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes als oberstes Entscheidungsgremium der gesetzlichen Krankenversicherung eingehend mit den geplanten Änderungen befasst und unter dem Titel „Generalangriff auf Selbstverwaltung und Sozialpartnerschaft“ eine Erklärung verabschiedet. Als Gäste sprachen Annelie Buntenbach, Mitglied des Bundesvorstandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Alexander Gunkel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sowie Frank Bsirske, Vorsitzender der Gewerkschaft ver.di.

Zu Beginn der Sitzung erklärte Uwe Klemens, Verwaltungsratsvorsitzender und Versichertenvertreter: „Sozialpartnerschaft ist für uns nicht bloß ein politisches Schlagwort, sondern im Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes gelebter Alltag. Gemeinsam sorgen Arbeitgeber und Versicherte dafür, dass die Patientenperspektive ein starker Anker in der Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung bleibt. Die soziale Selbstverwaltung auszuhebeln hieße, gegen das Miteinander von Arbeitgebern und Versicherten zu arbeiten.“

Dies unterstrich DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach: „Die unabhängige, versichertennahe Selbstverwaltung zugunsten ministerialer Durchgriffsfantasien abwickeln zu wollen ist vollkommen inakzeptabel. Spahn will damit nicht nur massiv in das Fundament des Sozialstaats eingreifen. Er öffnet einem radikalen Wettbewerbsprinzip in der Gesundheitsversorgung Tür und Tor – der Schaden für die Versicherten ist vorprogrammiert.“

Alexander Gunkel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der BDA, hob hervor: „Arbeitgeber und Versicherte müssen weiter im Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes vertreten sein. Nur dann ist gewährleistet, dass dieser auch in Zukunft noch die starke Stimme der Beitragszahler in der Gesundheitspolitik bleibt. Das Argument der notwendigen Professionalisierung ist unsinnig, denn der GKV-Spitzenverband wird natürlich auch heute schon von bestens qualifizierten hauptamtlichen Vorständen geführt, die vom Verwaltungsrat gewählt werden.“

Ver.di-Vorsitzender Frank Bsirske machte deutlich: „Eine Beschneidung der Selbstverwaltung widerspricht nicht nur dem Koalitionsvertrag. Sie widerspricht dem grundsätzlichen Selbstverständnis und der Tradition der sozialen Selbstverwaltung in der Bundesrepublik, in der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen über das Leistungsspektrum und die Budgetierung der Kassen sowie die Kontrolle ihrer Vorstandsmitglieder entscheiden. Was Spahn plant, kommt einer Entmachtung der Selbstverwaltung nahe. Das muss verhindert werden!“

Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks und Mitglied im Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes, betonte die grundsätzliche Bedeutung dieses Vorhabens des Bundesgesundheitsministers: „Dieses Manöver zielt darauf, den Einfluss der Politik im Gesundheitssektor dauerhaft weiter auszubauen. Die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Versicherten und der Arbeitgeber per Gesetz aus dem wichtigsten Gremium der gesetzlichen Krankenversicherung zu entfernen, ist alles andere als eine Stärkung der Demokratie.“

Der alternierende Verwaltungsratsvorsitzende und Arbeitgebervertreter im Verwaltungsrat, Dr. Volker Hansen, fasst zusammen: „Soziale Selbstverwaltung ist ein Garant für eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Gesundheitsversorgung heute und morgen. Sie ist für die Beantwortung wichtiger Grundsatzfragen und die Lösung künftiger Herausforderungen unverzichtbar. Unser gemeinsames Ziel ist ein dauerhaft leistungsfähiges und finanzierbares Gesundheitssystem, fernab von parteipolitischem Streit und Kalkül.“

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