Auf Basis eines Antrags des GKV-Spitzenverbandes wurden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die Beratungen für eine neue Mindestmenge für die Versorgung von Kindern mit einer angeborenen Fehlbildung im Darmbereich (Morbus Hirschsprung) auf den Weg gebracht.
Dazu Dr. Martin Krasney, Vorstandsmitglied des GKV-Spitzenverbandes: „Der G-BA wird nunmehr in den kommenden Jahren die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Behandlung der Hirschsprung-Krankheit und auch für weitere angeborene Fehlbildungen auswerten und bewerten, um auf dieser Grundlage über die Mindestmengen zu entscheiden. Damit soll sichergestellt werden, dass solche sehr seltenen und hochkomplexen Behandlungen nur an Standorten erfolgen, wo auch die erforderliche Erfahrung und Expertise vorhanden ist.“
Behandlung an erfahrenen Standorten für eine bessere Versorgung
In den Jahren 2020 bis 2022 wurden bei Morbus Hirschsprung im Durchschnitt 163 korrigierende Operationen pro Jahr durchgeführt. Die geringen Fallzahlen verteilen sich in Deutschland auf eine außergewöhnlich hohe Zahl von Standorten. Die Hirschsprung-Fälle wurden an 88 Standorten versorgt. Von diesen 88 Standorten, die in den Jahren 2020 bis 2022 die hochkomplexe und risikoreiche Operation durchgeführt haben, haben 34 Kliniken eine solche Operation in den gesamten drei Jahren nur ein- oder maximal zweimal durchgeführt. An 50 weiteren Kliniken wurden solche Operationen im Mittel weniger als fünfmal pro Jahr durchgeführt. Nur an vier Standorten bundesweit wurden diese Eingriffe mehr als fünfmal jährlich durchgeführt. Lediglich an einem Standort wurde die Operation mehr als zehnmal pro Jahr durchgeführt.
Dazu Dr. Martin Krasney: „An den Zahlen zeigt sich, dass die Schaffung und die Sicherung der Versorgungsqualität bei diesen komplexen Leistungen eine bundesweite Aufgabe sind. Daher liegt die Bewertung für die Erforderlichkeit und die Höhe von Mindestmengen beim G-BA in den richtigen Händen.
Fehlbildungen bei Morbus Hirschsprung können heutzutage in den ersten Lebensmonaten chirurgisch so korrigiert werden, dass für das betroffene Kind eine weitgehend normale Entwicklung und ein Leben ohne dauerhafte Behinderung möglich sind. Hingegen können die Folgen einer Gelegenheitsversorgung durch weniger erfahrenes Personal in einer schweren, lebenslangen Erkrankung der Kinder bestehen: Bei Morbus Hirschsprung kann eine Behandlung durch ein unerfahrenes Team den Unterschied zwischen einem weitestgehend normalen Leben oder beispielsweise einer lebenslangen Stuhlinkontinenz, Harninkontinenz, Impotenz oder dem dauerhaften Tragen eines künstlichen Darmausganges bedeuten. Die Folgen fehlerhafter Behandlung aufgrund mangelnder Erfahrung sind bei diesem Krankheitsbild schwerwiegend und bestimmen das gesamte weitere Leben der Kinder.“
Hintergrund
Mindestmengen zur Qualitätssicherung dienen der Patientensicherheit. Grundgedanke ist, dass mit der Behandlung einer größeren Zahl von Fällen die Qualität der Behandlung steigt. Bei bestimmten risikoreichen, komplexen und planbaren Behandlungen sowie Eingriffen hängt das Ergebnis maßgeblich von der Erfahrung ab. Deswegen hat der Gesetzgeber den G-BA verpflichtet, einen Katalog planbarer Leistungen zu erstellen, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist (Fallzahl-Ergebnis-Zusammenhang). Hierzu zählen z. B. die Versorgung von Frühgeborenen, die allogene Stammzelltransplantation und Operationen bei Brust- und anderen Krebserkrankungen. Um den Fallzahl-Ergebnis-Zusammenhang zu ermitteln, führt der G-BA umfangreiche Literaturrecherchen und Sachstandsermittlungen durch. Nur zu planbaren Leistungen können Mindestmengen festgelegt werden. Die Notfallversorgung ist davon nicht betroffen.