PRESSEMITTEILUNG - BERLIN, 04.04.2012 Neue Qualitätsregeln für die Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte

GKV-Spitzenverband

Zwei bis vier Prozent aller Kinder kommen damit auf die Welt: eine nicht richtig ausgebildete Hüfte. Durch eine Ultraschalluntersuchung in den ersten Lebenswochen kann dieses Krankheitsbild frühzeitig erkannt und oft vollständig geheilt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der untersuchende Arzt die Bilder richtig erstellt, interpretiert und dokumentiert. Doch genau da hapert es in der Praxis, wie aktuelle Ergebnisse zeigen: schwerwiegende Mängel attestierten die Qualitätssicherungskommissionen der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen in den letzten Jahren bei 27,4 Prozent der überprüften Ärzte und geringe Mängel bei 61,1 Prozent. Der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben auf diese erschreckenden Zahlen reagiert und die Qualitätsanforderungen für die Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte ab 1. April 2012 genauer gefasst.

Spreizhose oder nicht?

Mangelhafte Ultraschallaufnahmen der Säuglingshüfte begünstigen eine falsche Interpretation des Befundes durch den Arzt. Unnötige Kontrolluntersuchungen und Spreizhosenbehandlungen können die Folge sein. In besonders schlimmen Fällen kann es zu permanenten Schäden des Bewegungsapparates durch mangelnde Behandlung kommen. Die Ursachen für die hohen Mängelquoten sind vielfältig. Ein Hauptgrund dürfte die diesbezüglich unzureichende Facharztausbildung sein. Bei neu zugelassenen Ärzten werden daher künftig die ersten zwölf Hüftsonographien durch eine Qualitätskommission geprüft und Mängel ggf. durch eine Nachschulung behoben.

Darüber hinaus schreiben die neuen Qualitätsstandards vor, dass Ärzte künftig exakte anatomische Strukturen (z. B. die Knorpel-Knochen-Grenze oder Knochen des Beckens) auf den Ultraschallaufnahmen eindeutig abbilden müssen. Auch wurden die durch den Arzt zu dokumentierenden therapeutischen Konsequenzen weiter differenziert (Einrenken, Ruhigstellen oder Nachreifen). Ärzteschaft und Krankenkassen versprechen sich davon einen deutlichen Sprung bei der Qualität der Bilder, bei der Interpretation und Analyse der Aufnahmen sowie bei den abgeleiteten Therapiemaßnahmen.

Fallen bei einem Arzt künftig im Rahmen einer Routineüberprüfung durch die Qualitätssicherungskommission (jährlich pro Arzt mindestens zwölf Patienten mit jeweils vier Bildern und schriftlicher Dokumentation) schwerwiegende Mängel auf, darf der Mediziner vorerst diese Leistung nicht weiter anbieten. Innerhalb eines Jahres muss er einen Fortbildungskurs Sonographie und eine Wiederholungsprüfung absolvieren. Passiert das nicht oder fällt der Arzt weiterhin durch mangelhafte Untersuchungsqualität auf, entzieht die Kassenärztliche Vereinigung die Untersuchungsgenehmigung vollständig. Mit diesem Maßnahmenbündel hoffen Krankenkassen und Ärzteschaft unnötige Behandlungen und vor allem irreversible Patientenschäden zu verhindern.

Hintergrund Sonographie der Säuglingshüfte

Bereits seit 1996 steht das sonographische Screening der Säuglingshüfte bundesweit als Früherkennungsleistung der gesetzlichen Krankenversicherung bei Kindern bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres zur Verfügung („Kinder-Richtlinie“). Die hüftsonographische Untersuchung bei Säuglingen erfolgt zwischen der vierten und fünften Lebenswoche in zeitlichem Zusammenhang mit der dritten Früherkennungs-Untersuchung beim Kinderarzt. Selbst wenn eine Hüftfehlstellung in der Geburtsklinik nicht erkannt worden ist, kann der niedergelassene Arzt noch früh genug reagieren, um eine später aufwendigere und erfolgsunsichere Behandlung zu vermeiden. Seit 2005 überprüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen der Qualitätssicherung anhand von Stichproben die Bild- und Schriftdokumentationen nach bundesweit einheitlichen Kriterien. Dennoch nehmen die Fehldiagnosen bei der Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte zu, wie die Daten der Qualitätssicherung belegen.

Dokumente und Links