PRESSEMITTEILUNG - BERLIN, 11.09.2025 10-Milliarden-Klage gegen Unterfinanzierung der GKV beschlossen

GKV-Spitzenverband

In Deutschland erhalten erwerbsfähige Personen vom Staat Bürgergeld nach dem SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende), wenn sie hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig bedeutet, dass ihr Einkommen unter dem Existenzminimum liegt und sie den Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln bestreiten können. Das Bürgergeld ist eine staatliche, steuerfinanzierte Fürsorgeleistung zur Sicherung des Existenzminimums. Dazu gehört auch die Sicherung der gesundheitlichen Versorgung.

Dr. Susanne Wagenmann, Verwaltungsratsvorsitzende und Arbeitgebervertreterin, erklärt dazu:

„Wir erleben bei den Beiträgen für Bürgergeldbeziehende, dass sich der Staat auf Kosten der GKV-Beitragszahlenden entlastet. Die Leidtragenden sind die 75 Millionen gesetzlich Versicherten und ihre Arbeitgeber. Die Folge: Höhere Arbeitskosten für die Unternehmen und weniger Netto vom Brutto für die Beschäftigten. Dieses Vorgehen der Bundesregierung schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland, denn so wird Arbeit immer teurer.

Jahr für Jahr bleibt der Bund den gesetzlichen Krankenkassen rund zehn Milliarden Euro schuldig. Aber anstatt Fairness herzustellen, hat es das Problem nicht einmal mehr in den Koalitionsvertrag geschafft. Die Bundesregierung scheint die Augen vor dieser sozialpolitischen Ungerechtigkeit zulasten der gesetzlich Versicherten und ihrer Arbeitgeber zu verschließen. Da können wir nicht länger zuschauen. Wir wollen Fairplay anstatt Foulspiel.“

Uwe Klemens, Verwaltungsratsvorsitzender und Versichertenvertreter, betont:

„Seit vielen Jahren setzen wir uns auf allen Ebenen dafür ein, dass diese rechtswidrige Unterfinanzierung beendet wird. Ohne Erfolg. Nun reicht es! Wir sehen uns jetzt gezwungen, den Rechtsweg zu beschreiten und zu klagen. Für unsere 75 Millionen Versicherten. Wir wollen damit erreichen, dass unsere Versicherten und deren Arbeitgeber nicht länger mit einer Finanzierungsaufgabe des Staates belastet werden.

Immer wieder wurden kurzfristige politische Interessen über die langfristige Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung gestellt. Das Ergebnis sehen wir jetzt: Beitragsanhebungen auf Rekordniveau, kaum noch Reserven bei den Kassen und einen Gesundheitsfonds, der genauso schlecht dasteht.

Als die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Versicherten und ihrer Arbeitgeber erheben wir immer wieder laut und deutlich unsere Stimme. Und ich sage ganz deutlich: Für eine bessere Krankenversicherung brauchen wir mehr und nicht weniger Handlungsmöglichkeiten der Selbstverwaltung. Denn unsere oberste Priorität ist immer eine langfristig qualitativ hochwertige und für Versicherte und Arbeitgebende bezahlbare gesetzliche Krankenversicherung.“

Bund hat Krankenkassen beauftragt

Der Bund als Träger der Fürsorge hat die Krankenkassen damit beauftragt, die gesundheitliche Versorgung der Bürgergeldbeziehenden zu übernehmen. Und die Krankenkassen machen das, sie sorgen dafür, dass die Menschen gut versorgt werden. Aber statt für diese Leistung voll zu bezahlen, lässt der Bund die Krankenkassen auf rund zwei Dritteln der Kosten sitzen.

Heute hat der Verwaltungsrat beschlossen, dass der GKV-Spitzenverband im Auftrag und im Namen der gesetzlichen Krankenkassen mit dem Ziel klagen wird, die systematische Unterfinanzierung der gesundheitlichen Versorgung von gesetzlich versicherten Bürgergeldbeziehenden zu beenden.

Hintergrund zur Klage

Aufgrund der nicht kostendeckenden Finanzierung des Versicherungsschutzes für Bürgergeldbeziehende erfüllt die GKV im Ergebnis eine Aufgabe, die in die alleinige Verantwortung des Bundes fällt. Dies begründet einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht der Sozialversicherungsträger zu organisatorischer und finanzieller Selbstständigkeit aus Art. 87 Abs. 2 GG (in Verbindung mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG). Zugleich liegt ein Verstoß gegen die strenge Zweckbindung von Sozialversicherungsbeiträgen vor, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben verwendet werden dürfen.

Vor diesem Hintergrund hat der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes am 11.09.2025 entschieden, dass der GKV-Spitzenverband für alle Krankenkassen, die ihn mit der Prozessführung beauftragen, gegen die unzureichende Finanzierung der Gesundheitsversorgung von Bürgergeldbeziehenden klagt.

Klagegegenstand werden die im Herbst 2025 ergehenden Zuweisungsbescheide des Bundesamts für Soziale Sicherung (BAS) aus dem Gesundheitsfonds für das Jahr 2026 sein. Beklagte ist die Bundesrepublik Deutschland, die durch das BAS vertreten wird. Erstinstanzlich zuständig für die Verfahren ist das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (§ 29 Absatz 3 Nr. 1 SGG).

Dokumente und Links