Fokus: Europa - Gemeinsam handeln, Herausforderungen meistern.

Positionen des GKV-Spitzenverbandes zur europäischen Gesundheitspolitik

Das Bild zeigt die Europaflagge.

Die europäische Einigung ist für viele Menschen längst Alltag: Sie studieren, arbeiten oder leben vorübergehend oder dauerhaft im EU-Ausland und können sich dabei auf eine gute soziale Absicherung und Gesundheitsversorgung verlassen. Der digitale Austausch von Behandlungsdaten, Rezepten und Abrechnungen wird die grenzüberschreitende Behandlung und Nachsorge für mobile Versicherte noch einfacher und sicherer machen.

Angesichts großer gemeinsamer Herausforderungen wie dem demografischen und technologischen Wandel, den Folgen des Klimawandels und der Bewältigung unvorhergesehener Krisen profitieren auch die Gesundheits- und Pflegesysteme von der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Hier werden wichtige Weichen gestellt, etwa für eine hochwertige und bezahlbare Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten und deren zuverlässige Verfügbarkeit durch eine Stärkung von Produktions- und Lieferketten. Dies gilt auch für die Bekämpfung grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren wie der Corona-Pandemie. Gemeinsames Handeln auf der Grundlage der Vielfalt der Gesundheits- und Sozialsysteme und einer sinnvollen Arbeitsteilung fördert so den sozialen Zusammenhalt und die Zukunft einer solidarischen Union.

Deshalb beteiligt sich die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung seit über 30 Jahren an der gemeinsamen Gestaltung der sozialen und gesundheitlichen Dimension Europas und bringt ihre Expertise ein. Mit den vom Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes verabschiedeten Positionen leisten wir erneut einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Gesundheits- und Sozialpolitik in Europa.

Die europäische Integration schafft einen Raum der individuellen Freiheiten, der sozialen Rechte und des gemeinsamen Wirtschaftens und Arbeitens. In Zeiten vielfältiger Krisen kann eine friedliche und lebenswerte Zukunft nur gemeinsam gesichert werden. Europa gründet auf der uneingeschränkten Achtung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit.

Die europäische Einigung bringt für die Bürgerinnen und Bürger konkrete Vorteile. Die offenen Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten ermöglichen es, vorübergehend oder dauerhaft im Ausland zu leben, zu studieren oder zu arbeiten. Dabei können die Bürgerinnen und Bürger sich dank des europäischen Rechts auch auf eine gute Absicherung im Krankheitsfall oder bei Pflegebedürftigkeit verlassen.

Auch für die Gesundheits- und Sozialsysteme hat die europäische Einigung viele Vorteile. Im europäischen Binnenmarkt profitieren sie von mobilen Fachkräften aus dem Ausland, von gemeinsamen Regeln für Qualität, Sicherheit und zunehmend auch von gemeinsamen Bewertungen neuer Arzneimittel und Medizinprodukte sowie vom ständigen Austausch der Gesundheits- und Pflegesysteme zur Bewältigung von Herausforderungen, vor denen die Mitgliedstaaten gemeinsam stehen. Der Umgang mit neuen Technologien, die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung in alternden Gesellschaften und die Folgen des Klimawandels sind Herausforderungen, die alle EU-Mitgliedstaaten betreffen und ein Lernen von guten Beispielen sowie gemeinsames Handeln erfordern.

Die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung erkennt die Rolle der EU in der Gesundheits- und Sozialpolitik an und beteiligt sich seit über 30 Jahren an der gemeinsamen Gestaltung der sozialen Dimension Europas. Gemeinsames Handeln, das auf der Vielfalt der Gesundheits- und Sozialsysteme und einer sinnvollen Arbeitsteilung zwischen europäischer und nationaler Ebene sowie der Selbstverwaltung aufbaut, fördert den sozialen Zusammenhalt und die Zukunft der solidarischen Sozialsysteme in Europa.

Die Gesundheits- und Sozialsysteme in Europa sind vielfältig. Die deutsche Sozialversicherung bietet wirksamen Schutz vor den Folgen wesentlicher Lebensrisiken wie Krankheit und Pflegebedürftigkeit. Zugleich trägt sie damit zum sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft und zu Sicherheit und Stabilität in Krisenzeiten bei. Nicht zuletzt in der Corona-Pandemie hat sie ihre Leistungsfähigkeit und Flexibilität unter Beweis gestellt. Auch die Stärken eines selbstverwalteten Gesundheitswesens haben sich hier erneut gezeigt, das nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie in Deutschland geleistet, sondern auch Solidarität mit den Gesundheitssystemen anderer Länder gezeigt hat.

Die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung sichert die bedarfsgerechte und wirtschaftliche Versorgung von über 74 Millionen Versicherten in Deutschland und folgt dabei dem Sachleistungsprinzip, dem Solidarprinzip und der Steuerung durch die Selbstverwaltung. Die soziale Selbstverwaltung als gewählte Vertretung der Arbeitgebenden und Versicherten sowie die gemeinsame Selbstverwaltung aus Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft, der Krankenhäuser und der gesetzlichen Krankenversicherung sind gelebte Subsidiarität, da durch sie hoheitliche Aufgaben im Wege der mittelbaren Staatsverwaltung wahrgenommen werden. Steuerung durch Selbstverwaltung und Aufgabenteilung auf allen staatlichen Ebenen sind unterschiedliche Ausprägungen desselben Prinzips: Aufgaben sollen selbstbestimmt und eigenverantwortlich dort gelöst werden, wo sie anfallen.

Die EU profitiert unmittelbar von der Selbstverwaltung: Die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung bringt ihre Expertise und Erfahrung in die Gremien und Gesetzgebungsprozesse auf europäischer Ebene ein. So gestaltet sie die europäische Gesundheits- und Sozialpolitik bereits in ihrer Entstehung mit, damit die Umsetzung in den Mitgliedstaaten, den Gesundheitssystemen und den verantwortlichen Institutionen vor Ort möglichst effektiv erfolgen kann.

Die europäischen Institutionen haben die gesamte Union im Blick. Für die Details der vielschichtigen und hochkomplexen Gesundheits- und Pflegesysteme sind sie auf die Akteure in den Mitgliedstaaten angewiesen. Es ist daher unerlässlich, die Selbstverwaltung bei der Planung von Reformen, bei der Festlegung der Einzelheiten ihrer Umsetzung und bei der Anwendung des gemeinsamen Rechts im laufenden Betrieb einzubeziehen und ihre Erfahrungen zu berücksichtigen. Dies reicht von der Finanzierbarkeit der Arzneimittelversorgung über die Sicherheit von Medizinprodukten bis hin zur Weiterentwicklung digitaler grenzüberschreitender Verwaltungssysteme.

Leben, Studieren oder Arbeiten im Ausland ist für viele Versicherte zur Selbstverständlichkeit geworden. Dabei können sie dank der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit darauf vertrauen, innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums, der Schweiz oder des Vereinigten Königreichs sozial abgesichert zu sein und Zugang zu den Gesundheitssystemen ihres Aufenthaltsortes zu haben. Die soziale Flankierung der Mobilität innerhalb Europas ist nicht nur ein Beispiel für eine sinnvolle Zusammenarbeit auf europäischer Ebene im Interesse der Patientinnen und Patienten und der Beitragszahlenden, sondern auch eine der ältesten Errungenschaften des europäischen Projekts. Um sie zukunftsfest zu machen, muss sie immer wieder an neue Herausforderungen angepasst werden.

Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes ist es daher unerlässlich, die bereits 2016 begonnene Überarbeitung der Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zügig zum Abschluss zu bringen. Insbesondere müssen die durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geschaffenen und in der Praxis bereits umgesetzten Regelungen zu den Leistungen bei Pflegebedürftigkeit in die Verordnungen aufgenommen und gemeinsam mit den Leistungen bei Krankheit geregelt werden. Dies trägt zu einer transparenten und versichertenfreundlichen Koordinierung bei, ohne dass es zu unerwünschten Abweichungen von der bisherigen Praxis, zu Anspruchsverlusten oder sonstigen Nachteilen für die Versicherten kommt.

Zu einer zukunftsfähigen Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa gehört auch deren Digitalisierung. Bereits heute haben die Sozialversicherungsträger ihre Kommunikation untereinander digitalisiert. Für die Versicherten völlig geräuschlos werden viele Abrechnungs- und Verwaltungsprozesse innerhalb der EU schnell und zuverlässig elektronisch abgewickelt. Weitergehende europäische Initiativen zur Digitalisierung der Koordinierung der Sozialsysteme – wie die elektronische Europäische Krankenversicherungskarte – werden nur dann erfolgreich sein, wenn sie den operativen Anforderungen der Sozialversicherungsträger entsprechen, Verwaltungsverfahren vereinfachen, die Effizienz der Prozesse erhöhen, die Betrugs- und Fehleranfälligkeit verringern, Leistungserbringende bei der Versorgung unterstützen und den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu den Leistungen erleichtern. Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes sind diese Ziele in den Vordergrund zu stellen und die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung möglichst frühzeitig in die Konzeption und Planung von Digitalisierungsprozessen einzubeziehen.

Gemeinsame digitale Lösungen auf EU-Ebene erfordern darüber hinaus die Bereitstellung von EU-Mitteln, um die digitale Kompetenz sozial benachteiligter und gefährdeter Gruppen zu stärken und sicherzustellen, dass digitale Lösungen benutzerfreundlich und auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger zugeschnitten sind.

Die EU trägt Mitverantwortung für eine sichere, qualitativ hochwertige und innovative Arzneimittelversorgung. Europaweit gibt es einheitliche Regelungen für die Zulassung von Arzneimitteln und gemeinsame Anreizsysteme für bestimmte Arzneimittelgruppen. Angesichts steigender Arzneimittelpreise stehen die Gesundheitssysteme in der EU vor der gemeinsamen Herausforderung, eine innovative, bezahlbare und sichere Arzneimittelversorgung auf hohem Qualitätsniveau für die Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.

Der GKV-Spitzenverband begrüßt das Ziel der EU, den Zugang zu Arzneimitteln sowie deren Bezahlbarkeit und Verfügbarkeit zu sichern und zu verbessern. Bestehende Anreizsysteme im Rahmen des europäischen Arzneimittelrechts, die häufig die Entwicklung neuer Arzneimittel mit zusätzlichen Schutzzeiten belohnen, sollten so ausgestaltet werden, dass sie nachweislich zu einer besseren Bezahlbarkeit und Verfügbarkeit führen. Insgesamt sollte eine Anpassung der Schutzfristen dazu beitragen, den Wettbewerb durch Generika und Biosimilars zu stärken und die finanzielle Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme zu sichern.

Die EU sollte eine bessere Vorausschau auf neue Therapeutika in der Entwicklungs-Pipeline voranbringen, um sicherzustellen, dass die Zulassungs- und Bewertungsbehörden besser darauf vorbereitet sind, neue Produkte und ihre finanziellen Auswirkungen zu bewerten. Da viele Arzneimittel vor allem durch das Patentrecht und ergänzende Schutzzertifikate vor Wettbewerb geschützt sind, sollten die Ziele Zugang, Bezahlbarkeit und Verfügbarkeit auch bei der Reform der geistigen Eigentumsrechte berücksichtigt werden.

Insbesondere die Anreize für die Entwicklung neuer Antibiotika müssen zielgerichtet sein, um teure Scheinlösungen zu vermeiden. Die EU sollte in kritischen Phasen der Entwicklung neuer Antibiotika gezielte Forschungsförderung betreiben und im Rahmen der gemeinsamen Beschaffung von Reserveantibiotika mengenunabhängige Vergütungsmodelle entwickeln. Darüber hinaus muss der „schleichenden Pandemie“ antimikrobieller Resistenzen durch eine umsichtige Verschreibung und Überwachung des Antibiotikaeinsatzes begegnet werden.

Für die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Arzneimitteln ist deren zuverlässige Verfügbarkeit von zentraler Bedeutung. Da Arzneimittelengpässe eine europaweite Herausforderung darstellen, ist eine gemeinsame europäische Antwort zwingend erforderlich. Die EU sollte die Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen um Diversifizierung, Stärkung der Widerstandsfähigkeit und Transparenz der Lieferketten stellen. Liefer- und Meldepflichten der Arzneimittelhersteller müssen europaweit verbindlich gemacht werden, damit diese ihrer Verantwortung für die Qualität und Verfügbarkeit in allen Ländern der EU nachkommen. Die europaweite Bereitstellungspflicht durch die jeweiligen pharmazeutischen Unternehmen muss mittels konkreter Sanktionsmöglichkeiten durchgesetzt werden können. Notwendig sind wirksame Sanktionsregelungen auch bei Pflichtverletzungen, die auf einen produktionsbedingten Engpass zurückzuführen sind.

Um Lieferengpässe zu vermeiden und frühzeitig zu erkennen, müssen die zuständigen Behörden auf europäischer Ebene besser vernetzt werden und zusammenarbeiten. Gemeinsam sollten die Ursachen von Engpässen und Schwachstellen in den Lieferketten analysiert werden. Bei befürchteten oder eingetretenen Engpässen sollten sie in der Lage sein, konkrete Schritte einzuleiten, um diese präventiv abzuwenden oder zu beseitigen. Im Rahmen der Überarbeitung der europäischen Arzneimittelgesetzgebung ist das Meldegeschehen europaweit zu harmonisieren, zu digitalisieren und effektiv anzuwenden. Maßnahmen der Industrie zur Herstellung von Transparenz über Lieferketten, die ausschließlich auf Freiwilligkeit beruhen, sind nicht immer ausreichend. Daher sollten verbindliche und sanktionsbewehrte Vorgaben in Erwägung gezogen werden.

Europa spielt bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens eine immer größere Rolle. Durch den Europäischen Gesundheitsdatenraum sollen den Versicherten ihre elektronischen Behandlungsdaten und Rezepte in der elektronischen Patientenakte grenzüberschreitend zur Verfügung stehen. Der Gesundheitsdatenraum soll dazu beitragen, die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung zu verbessern und für mobile Versicherte in der EU deutlich zu vereinfachen. Darüber hinaus schafft er die Grundlage, die in den Mitgliedstaaten vorhandenen Gesundheitsdaten auch für die Forschung, die Weiterentwicklung der Versorgung und die Optimierung der Gesundheitssysteme nutzbar zu machen, und hilft, die Reaktionsfähigkeit bei grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren zu erhöhen.

Der GKV-Spitzenverband unterstützt dieses zentrale gesundheitspolitische Vorhaben der EU, den Aufbau der dafür notwendigen digitalen Infrastruktur und bringt seine Expertise insbesondere für die zukünftige Umsetzung im deutschen Gesundheitswesen ein. Zentral ist dabei, den Austausch von Behandlungsdaten im Sinne der Versicherten zu gestalten. Die sensiblen Gesundheitsdaten müssen jederzeit sicher und vertraulich behandelt werden. Die Versicherten müssen zudem im grenzüberschreitenden Kontext steuern und nachvollziehen können, wer auf ihre Daten zugreifen darf. Wichtig ist, dass die nationalen Systeme so miteinander vernetzt werden, dass unnötige Eingriffe in die nationalen Telematikinfrastrukturen vermieden werden. Insbesondere bei den technischen Spezifikationen muss die Expertise der Mitgliedstaaten und ihrer Gesundheitssysteme einbezogen werden, um eine reibungslose Umsetzung und Anwendung zu gewährleisten.

In der europaweiten Nutzung pseudonymisierter Gesundheitsdaten liegt ein großes Potenzial. Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes muss sich die Nutzung von Gesundheitsdaten am Gemeinwohl orientieren. Nutzungsberechtigt sollten Projekte sein, die einen Mehrwert für die Versicherten, deren Versorgung oder die Gesundheitssysteme generieren und nachweisen. Forschungsergebnisse müssen zudem zeitnah veröffentlicht werden. Die Nutzung der Daten muss darüber hinaus vorrangig für die Erfüllung gesetzlicher und regulatorischer Aufgaben gewährleistet sein, z. B. für die sicherheits- und qualitätsrelevanten Aufgaben der Europäischen Arzneimittelagentur oder für die gesetzlichen Aufgaben der Sozialversicherungsträger zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und bezahlbaren Versorgung und Beratung der Versicherten.

Neben der Forschungsförderung bedarf es eines verstärkten europäischen Austauschs über Prozessinnovationen und gute Praktiken der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgungssteuerung. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Nutzung von Daten der Solidargemeinschaft für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen transparent gemacht wird und insbesondere bei der Preisfindung berücksichtigt werden kann.

Der Klimawandel ist laut Weltgesundheitsorganisation die größte globale Gesundheitsbedrohung des 21. Jahrhunderts. In Europa sind seine Auswirkungen bereits jetzt spürbar: Starkwetterereignisse wie Stürme, Starkregen, Trockenheit und Hitzewellen, die Zunahme von Allergien und die Ausbreitung von zum Teil neuen Infektionskrankheiten bedrohen nicht nur die individuelle Gesundheit insbesondere vulnerabler Personengruppen. Sie können sich auch auf die Versorgungsinfrastruktur auswirken und die Gesundheits- und Sozialsysteme vor unerwartete Mehrbelastungen stellen. Die Ausbreitung neuer Krankheitserreger, einschließlich antibiotikaresistenter Bakterien, ist auch eine europaweite Herausforderung.

Die EU hat sich mit dem Green Deal das Ziel gesetzt, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Dies erfordert, die klimaneutrale Transformation gemeinsam mit den Mitgliedstaaten voranzutreiben. Der Übergang zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Wirtschaft bringt neben Chancen auch strukturelle Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt mit sich, die sich auf die Stabilität der Finanzierungsbasis auswirken können. Bei der Umsetzung von Maßnahmen für einen umweltverträglichen Übergang sollte die EU Anstrengungen unternehmen, um die sozialen und finanziellen Auswirkungen auf die Gesellschaft und die sozialen Sicherungssysteme zu minimieren. Der soziale Klimafonds der EU muss beispielsweise sicherstellen, dass sozial benachteiligte und gefährdete Gruppen nicht zurückgelassen werden. Mit Blick auf die finanzielle Stabilität und Nachhaltigkeit der Gesundheits- und Sozialsysteme sollte die EU auch die Auswirkungen der zu erwartenden Belastungen durch Klima- und Umweltveränderungen abschätzen und den nachhaltigen Umbau der Sozial- und Gesundheitssysteme fördern, indem sie diese dabei unterstützt, ihre eigenen Umwelt- und Klimaauswirkungen zu verringern, den Austausch bewährter Verfahren zu diesem Zweck erleichtert und EU-Mittel zur Finanzierung entsprechender Initiativen bereitstellt.

Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz gehen Hand in Hand: Die EU muss diese Ziele auch in anderen Politikbereichen verfolgen. Beispielsweise müssen Umweltaspekte in der europäischen Arzneimittelgesetzgebung berücksichtigt werden. Umweltverträglichkeitsprüfungen sollten für alle zugelassenen Arzneimittel verfügbar sein und bei der Arzneimittelzulassung berücksichtigt werden. Therapiegerechte Packungsgrößen und umfassende Daten zur Verwendbarkeit insbesondere bei patientenindividuell zuzubereitenden Arzneimitteln sollten dazu beitragen, dass weniger Arzneimittel entsorgt werden müssen. Der sorgsame Umgang mit Antibiotika ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass keine Rückstände in die Umwelt gelangen und sich keine weiteren Resistenzen bilden. Insgesamt sollte die EU die Prävention von Krankheiten im Rahmen des One-Health-Ansatzes vorantreiben und die präventive Versorgung durch gezielte Aufklärungsprogramme unterstützen.

Der GKV-Spitzenverband vertritt gemäß seinem gesetzlichen Auftrag alle gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland und damit die Interessen von über 74 Millionen Versicherten gegenüber Politik und Leistungserbringenden, auch bei über- und zwischenstaatlichen Organisationen und Einrichtungen.

Dabei arbeitet der GKV-Spitzenverband eng mit den Verbänden der Kranken- und Pflegekassen auf Bundesebene zusammen und bringt sich über die folgenden Organisationen mit Stellungnahmen, Konsultationsbeiträgen und im Dialog mit Politik und Stakeholdern in den internationalen Austausch ein.

Organisation DSV -
Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung
ESIP -
European Social Insurance Platform
MEDEV -
Medicine Evaluation Committee
Mitglieder GKV-Spitzenverband
AOK-Bundesverband
BKK Dachverband
IKK e. V.
KNAPPSCHAFT
Verband der Ersatzkassen
Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
Deutsche Rentenversicherung Bund
50 nationale Sozialversicherungsorganisationen aus ganz Europa Nationale Organisationen der sozialen Krankenversicherung und für die Bewertung von Arzneimitteln zuständige nationale Institutionen
Aufgaben Vertretung der gemeinsamen Interessen in EU-Meinungsbildungs- und Gesetzgebungsprozessen Förderung des Informations- und Erfahrungsaustausches sowie gemeinsame Positionierung Informations- und Erfahrungsaustausch über therapeutischen Mehrwert und Erstattungssysteme von Arzneimitteln

Die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (DVKA) im GKV-Spitzenverband unterstützt die Kranken- und Pflegekassen und ihre Versicherten bei der Auslegung und Abwicklung des über- und zwischenstaatlichen Krankenversicherungsrechts. Über sie werden im Ausland erbrachte Krankenversicherungsleistungen abgerechnet und mit ausländischen Stellen Ausnahmevereinbarungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer getroffen, die bei vorübergehender Beschäftigung im Ausland in der deutschen Sozialversicherung versichert bleiben wollen. Darüber hinaus nimmt die DVKA die Aufgabe der nationalen Kontaktstelle nach der Richtlinie über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung wahr. Mit dieser Bündelung europapolitischer und operativer Kompetenz im Interesse der Versicherten und Beitragszahlenden ist die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung in Europa gut aufgestellt.

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